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St. Walburga — Die Pfarrkirche zu Ramsdorf
St. Walburga — the Ramsforf Parish Church

—Büchlein über das Renovierung der Kirche, 1978, Ramsdorf, Kreis Borken, Nordrhein-Wesfalen

Die Renovierung der Pfarrkirche von Ramsdorf im jahre 1978 gibt den Anlaß, neue Erkenntnisse zur Geschichte der Pfarrgemeinde, speziell zur Geschichte des Gotteshauses, festzuhalten.

Ramsdorfer Pfarrkirche. Die Aufnahme von 1899 zeigt die Kirche von Südosten vor dem Umbau von 1912-1914. die dreischiffage Stufenhallen-Kirche ist um 1410 erbaut. Der reich geschmückte spätgotisch Turm wurde 1513 errichtet. Klicken Sie das Bild an

Die erste christliche Gemeinde muß angenommen werden um das jahr 1200. Sicherlich hat es vorher schon Christen gegeben im hiesigen Raum. Konkrete Angaben darüber lassen sich jedoch nicht finden. Wahrscheinlich existierte vor der Zeit, die mit Geschichtszahlen belegt werden kann, schon eine hölzerne Kapelle. Um 1200 wurde Ramsdorf von der Mutterpfarre in Borken abgezweigt. Im jahre 1212 wird der erste für Ramsdorf zuständige Priester erwähnt, Albertus sacerdos (Priester Albert). Die Äbtissin des Stiftes Vreden gründete diese Seelsorgstelle. Auf diese Zeit weisen heute noch hin der Taufbrunnen des "Bentheimer Typs" und ein Teil eines Torbogens in der alten Sakristeitür. In dieser Zeit wurde die erste Steinkirche im romanischen Baustil errichtet. Die Fundamente dieser ersten Steinkirche konnten 1978 freigelegt werden. Auch eine Fläche Feldsteinfußboden weist auf diese Zeit hin.

Weiterhin ergaben die Ausgrabungen Hinweise auf Außenmauern und Pfeiler einer frühgotischen Kirche. Diese wird um das Jahr 1280 entstanden sein. Im Chorraum dieser Kirche konnten Skelette ausgegraben werden, bei denen sich Teile von Paramenten, in Leder gefertigt, fanden. Diese Tatsache deutet auf Priestergräber hin.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts errichtete man eine große dreischiffige Hallenkirche, die in ihren wesentlichen Bestandteilen bis in unsere Zeit erhalten geblieben ist. Im Chorraum dieser Kirche fand sich ein Grundstein mit der Jahreszahl 1410. Zunächst besaß diese Kirche keinen Turm. Erst hundert Jahre später wurde der bis heute erhaltene gotische Turm in das bestehende Gotteshaus hineingebaut. Der Grundstein über dem Hauptportal, das von Figuren der Mutter Gottes, des hl. Vitalis und der hl. Walburga geschmückt wird, weist die Jahreszahl 1513 auf.

Auf den späteren Einbau des Turmes in die Kirche weisen durchschnittene Bögen zwischen den Säulen und ein abgeschnittenes Rippendreieck im Gewölbe vor dem Turmbogen hin.

Bis in unser jahrhundert hinein blieb diese Kirche aus dem 15. Jahrhundert in ihren Ausmaßen erhalten. Zwischenzeitlich hat man den Platzmangel dadurch zu beheben versucht, daß eine Bühne im Turmbereich der Kirche eingebaut wurde.

In den Jahren 1912 - 1914 kam es zur Erweiterung des Gotteshauses, wie es sich heute darbietet. Nach den Bauplänen des Architekten Sunder-Plaßmann aus Münster wurde die Erweiterung vollendet.

Heute weist der Grundriß der Kirche ein Kreuz auf. Die Erweiterung von 1912 umfaßte das heutige Querschiff (Oktogon genannt im Volksmund) und die Apsis mit dem alten Hauptaltar.

Über etwa 800 jahre hin hat sich die Bevölkerung Rarmsdorfs für ihr Gotteshaus eingesetzt. Viele Opfer und Arbeiten waren erforderlich, um eine so schöne Kirche zu bekommen und zu erhalten und sie dem jeweiligen Zeitempfinden entsprechend zu gestalten. Davon zeugt nicht zuletzt die reichhaltige Ausstattung mit vielen Statuen von Heiligen und vielen Kunstgegenständen für den gottesdienstlichen Gebrauch. Auch die jetzt lebende Generation hat durch ihren Einsatz bei der Renovierung 1978 bewiesen, daß sie ihre Kirche liebt und für sie keine Opfer und Mühen scheut.

 

EIN RUNDGANG DURCH DIE KIRCHE

Der Kirchturm bestimmt das Ortsbild von Ramsdorf. Das dreigeschossige Bauwerk aus Backstein wird belebt von reich gegliedertem Maßwerk, das in Sandstein gearbeitet, dem Turm Leben und Auflockerung gibt. Tritt man durch das Portal dieses Turmes ein, tut sich ein großer harmonischer, feierlicher Raum auf.

Zur Linken findet sich die Marienkapelle, die Gebetsstätte für stille Beter. Das Vesperbild, die schmerzhafte Mutter, bedeutet für Ramsdorf ein besonderes Heiligtum. Dieses Bild stammt aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Der Überlieferung nach wurde es aus Winterswijk vor den Bildstürmern der Reformationszeit nach Ramsdorf gerettet. Eine Anzahl von Dankesgaben für Gebetserhörungen deutet darauf hin, daß in der Vergangenheit vor diesem Bild viele Menschen Trost gesucht und gefunden haben.

Christusträger zu sein ist Aufgabe eines jeden Christen. Deshalb steht gleich am Eingang zum Kirchenschiff das Standbild des hl. Christophrus einladend und mahnend zugleich. Dieses 2,23 Meter hohe Standbild ist aus einem Eichenstamm gemeißelt. Besonders eindrucksvoll bietet sich das Gesicht des Christophorus dar.

Zwei Gedenktafeln an den Turmpfeilern sind zu Ehren und zum Gedächtnis an Wohltäter angebracht. Sie erinnern an die Familie Jungeblodt und Bruchhausen, die für die Ramsdorfer armen Leute besonders viel Gutes getan haben.

                    St. Walburga

Die Außenwänd der Kirche sind mit Figuren der beliebtesten Heiligen geschmückt; Franziskus, Antonius, Aloisius, Mutter Anna und andere, allesamt aus Sandstein gemeißelt.

Eine besondere Köstlichkeit sind die Gewölbekonsolen im alten Teil des Mittelschiffs. Im Volksmund werden diese putzigen Halbfiguren "Düwelkes" genannt. Der Sage nach stellen diese Figuren Teufel dar, die auf dem Gräberfeld am Lünsberg ihr Unwesen trieben und die Leute in Angst und Schrecken versetzten. Zur Strafe dafür müssen sie heute das Gewölbe des Gotteshauses tragen.

Mitten in der Kirche finden sich rechts und links je ein Doppelpfeiler. An dieser Stelle stoßen der Altbau von 1410 und der Neubau von 1912 zusammen. Im Gewölbe deutet eine Blumenmalereiei an, wie die Kirche früher einmal ausgesehen hat. Auch weisen Schlußsteine im Gewölbe hin auf eine reiche Ausstattung der Kirche.

        

Im Querschiff und im Chorraum ist besonders hinzuweisen auf die bunten Glasfenster. Links ist das Bild der Pfarrpatronin, der hl. Walburga, rechts das des hl. Bonifatius, des ersten Missionars auf deutschem Boden, zu sehen. Die Chorfenster stellen Ereignisse aus dem Lebenjesu dar, Geburt, Kreuzigung und Auferstehung.

In der rechten Nische neben dem Chorraum hat der Taufbrunnen, der früher hinten in der Kirche stand, seinen neuen Platz gefunden. Dieser Taufstein stammt aus dem 12. Jahrhundert. Er ist im oberen Teil geschmückt mit Weinranken und Weintrauben und einem Fries von siebenfingerigen Blättern. Der Sockel ist geziert mit fratzenähnlichen Figuren, die teils menschliche, teils tierische Züge aufweisen. An diesem Taufbrunnen wird von den Anfängen des Christentums bis in unsere Zeit das Sakrament der hl. Taufe gespendet.

 

 

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